14.11.2023
Pressemitteilung zum Fachtag "Kindeswohl im Fokus"
Pressemitteilung zum Fachtag „Kindeswohl im Fokus“
Heidelberg: Am 14.11.23 fand in Mannheim der Fachtag „Kindeswohl im Fokus - Konsequente Umsetzung der Istanbul-Konvention im Sorge- und Umgangsrecht zum Schutz vor Gewalt“ statt. Organisiert wurde er von Mitarbeiterinnen der Autonomen Frauenhäuser, darunter auch dem Autonomen Frauenhaus Heidelberg und der Zentralen Informationsstelle der Autonomen Frauenhäuser.
Am o.g. Fachtag nahmen insgesamt ca. 600 Personen digital und vor Ort aus ganz Deutschland teil. Vertreten waren Mitarbeiter*innen und Vertreter*innen aus Frauenhäusern, Frauenberatungsstellen, Erziehungsberatungsstellen, Jugendämtern, Kinderschutzstellen, kommunalen Gleichstellungsbüros, bundesweiten Vernetzungsstellen, Täterberatungsstellen, Wissenschaft & Lehre sowie Jurist*innen.
Im Sinne des interdisziplinären Fachaustauschs wurde auch das Programm zusammengestellt. Vor dem Hintergrund der Ratifizierung der Istanbul-Konvention in 2018 gab es Fachvorträge (Christina Clemm, Prof. Dr. Suanne Nothhafft, Susanne Heynen, Dr. Thomas Meysen, Frauenhausmitarbeiterinnen), die die immer noch bestehenden Lücken zwischen Gewaltschutz und Kinderschutz thematisierten. Mit dem Fokus auf dem Kindeswohl und im Hinblick auf die in 2024 geplante Reform des Familien(verfahrens)rechts stellten die verschiedenen Professionen die teils massiven Schwierigkeiten für von Gewalt betroffene Frauen und ihre Kinder in Trennungssituationen heraus.
Aus der Praxis von Jurist*innen, Frauenhäusern, Beratungsstellen und Kinderschutzstellen ist hinlänglich bekannt, dass es für Mütter und ihre Kinder fast unmöglich ist, sich sicher und selbstbestimmt aus der Gewaltsituation zu lösen.
Britta Schlichting, ZIF, stellt fest: „dass von den Müttern erwartet wird, die Gewaltsituation schnell zu verlassen. Das steht in einem krassen Gegensatz zu der Anforderung, trotz Trennung und der bestehenden Gewalt, den Kontakt zum Täter aufrechtzuerhalten, um die Beziehung zwischen ihm und dem Kind nicht zu unterbrechen.“ „Dabei bedeutet Gewalt gegen Mütter immer eine Gefährdung des Kindeswohls. Die Zeit nach der Trennung vom Kindsvater ist für Mütter und Kinder - bspw. bei der Übergabe von Kindern im Rahmen von Umgangskontaktenbesonders gefährlich. Bedrohungen, Stalking, körperliche, psychische und sexualisierte Gewalt kommen insbesondere nach der Trennung sehr häufig vor.“, ergänzt Esther Ehrenbrand, Autonomes Frauenhaus Heidelberg. „Wenn alle meinen, nun sei die Frau sicher, sind sie und die Kinder evtl. besonders gefährdet“.
Gegenüber dem Gewalttäter gibt es keinerlei Erwartungen von Seiten der Justiz. In der Rechtspraxis wird Gewalt immer wieder bagatellisiert oder nicht angemessen zur Sprache gebracht. Das Recht auf Umgang steht über dem Gewalt- und Kinderschutz.
Durch die Beiträge wurde deutlich, dass es unabdingbar ist, dass diese Schutzlücken durch die anstehende Reform geschlossen werden müssen. Zu diesem Ergebnis kamen auch trotz zum Teil unterschiedlicher Profession alle Teilnehmer*innen der Podiumsdiskussion (mit Stefanie Ponikau (MIA), Dr. Thomas Meysen, Prof. Dr. Ludwig Salgo, Sibylle Stotz), die den Abschluss des Fachtags bildete.
Der interdisziplinär zusammengesetzte Fachtag betont zwei Forderungen, die im Reformvorhaben des Familienrechts umgesetzt werden müssen:
- Auflösung des bisherigen Leitgedankens der Aufrechterhaltung des gemeinsamen Sorgerechts in Fällen sogenannter Häuslicher Gewalt.
- Keine Vermutung der Kindeswohldienlichkeit des Umgangs mit beiden Elternteilen in Fällen sogenannter Häuslicher Gewalt.
Pressekontakte:
Bundesweit
Zentrale Informationsstelle Autonomer Frauenhäuser
P3, 7 in 68161 Mannheim
Tel: 0621-16853705 (Di & Mi 9:30.13:30 und Do 13:00-17:00)
Mobil: 0176-70209612
e-mail: info@zif-frauenhaeuser.de
www.autonome-frauenhaeuser-zif.de
Lokal
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Postfach 102343 in 69013 Heidelberg
Tel: 06221-833088 (Mo-Fr 9-17 Uhr)
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