08.03.2024
Nehmt ihr uns eine - antworten wir alle! Unser Redebeitrag zum feministischen Kampftag auf der Demo in Heidelberg
Demo – 8 März
Liebe Mitstreiter*innen, liebe Verbündete
heute am 8. März, dem feministischen Kampftag sind wir auf der Straße um uns für ein gutes Leben für ALLE einzusetzen. Es ist noch ein langer Weg. Heute liegt unser Augenmerk auf die Leerstellen, die es Frauen* und LINTAs schwer macht ein gutes, selbstbestimmtes und freies Leben zu führen.
LINTA ist eine Abkürzung. Das L steht für Lesben, I für Inter, N für Nicht-Binäre, T für Trans-, und A für Agender- Personen. Also Menschen die nicht Cis-Männlich sind und somit von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind und im besonderen Maße unter dem Patriachat leiden.
Wir sind heute hier von Frauen helfen Frauen e.V. Heidelberg. Seit nunmehr 45 Jahren kämpfen wir dafür, Frauen und ihre Kinder vor Gewalt zu schützen und ein Leben ohne Angst und Unterdrückung zu ermöglichen. Unser Autonomes Frauenhaus Heidelberg bietet Schutz und Unterstützung für Frauen in Notlagen, während unsere Beratungs- und Interventionsstelle Frauen in Gewaltbeziehungen und jene, die das Gewaltschutzgesetz in Anspruch nehmen möchten, Hilfe bietet.
Wir sind heute hier – und es tut so gut so viele Verbündete zu sehen- weil Gewalt gegen Frauen und LINTAs leider immer noch zu unserem Alltag gehört. Es ist eine traurige Normalität, dass Frauen, Mädchen und LINTAs psychische, soziale, sexualisierte, ökonomische und/oder physische Gewalt erfahren. Und nicht ausgehend von dem (oft rassistischen) Lügenmärchen des Fremden, der in der Nacht lauert. Sondern die Gewalt gegen Frauen und LINTAs geht meist von ihrem Nahfeld aus. Also von den Partnern, Expartner oder der Familie. Diese Gewalt durchzieht alle Gesellschaftsschichten und Lebensphasen.
Die endgültigste und die schrecklichste Form dieser geschlechtsspezifischen, patriarchalen Gewalt sind Femizide. Ich werde ab hier von Frauen und Mädchen sprechen weil das in den verschieden Definitionen so gefraimt ist, jedoch bitte ich euch mitzudenken dass auch Trans, Inter, Nicht Binäre und Agenderpersonen von Tötungen aufgrund von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen sind.
Worum es den Tätern (in den überwiegenden Fällen sind es Cis Männer) geht ist Macht und Kontrolle. Macht und Kontrolle über die betroffene Person.
Ein Femizid ist nach der Definition der Zentralen Informationsstelle der autonomen Frauenhäuser:
„(…) Mord, Totschlag oder eine Körperverletzung mit Todesfolge an Frauen und Mädchen. Sie richten sich systematisch gegen Frauen und Mädchen, weil sie eben weiblich sind. Die Tötung einer Frau, auf Grund ihres Geschlechts, ist Ausdruck von nach wie vor bestehenden patriarchalen Denkmustern und Strukturen. Symptome von ungleichen Machtverhältnissen werden durch die Benennung als Femizid deutlich.“ (zitat Ende)
Das Töten von Frauen und Mädchen sind Femizide! keine Beziehungstaten, keine Familientaten, keine Einzeltaten. Diese Worte beschönigen, relativieren und entpolitisieren.
Das Töten von Frauen weil sie Frauen sind hat strukturelle Gründe und Gründe der Machtverteilung im Patriachat.
Ihr kennt wahrscheinlich die Zahlen. Im Schnitt wird jeden dritten Tag in Deutschland eine Frau von ihrem Partner, Expartner oder der Familie getötet.
Seit diesem Jahr 2024 wurden in Deutschland laut der Internetseite von One Billon Rising schon 36 Frauen, 3 Kinder und 3 Männer getötet. Die Täter töten nicht nur die Frau, sondern immer wieder auch nahe Personen aus ihrem Umfeld. Außerdem wurden 36 Frauen und 3 Kinder lebensbedrohlich verletzt.
Hinter jeder Zahl verbirgt sich ein Leben mit Hoffnungen, Träumen, eigenen Wegen und eigenen Persönlichkeiten, die nun gewaltsam beendet wurden. Jede* ist eine zu viel!
Diese schrecklichen Taten allein dieses Jahr wurden von 76 Tätern begangen. Diese imaginieren sie hätten ein angeborenes Recht dazu. Die Täter sind auch unter uns: sind Freunde, Väter, Brüder, Onkel, Kollegen und Partner. Lasst uns nicht wegschauen, wenn sich jemand im Recht fühlt über das Leben einer anderen Person zu entscheiden. Lasst uns eingreifen wenn wir solche Strukturen sehen, lasst uns eigene und die von anderen geglaubten Besitzansprüche kritisieren und sichtbar machen.
Jeder Femizid ist einer zu viel! Es macht uns wütend und traurig! Es ist ein Versagen der Gesellschaft und des Staates.
Wir sagen immer wieder Nein zu Gewalt und fordern:
- Mehr Mittel für Prävention!
- Sensibilisierung zu geschlechtsspezifischer Gewalt in Schulen aber auch bei Polizei und Justiz
- Mehr Mittel für die Personen, die von Gewalt betroffen sind. Es braucht niederschwellige und genügend Angebote für Beratung und für Schutz
- Nehmt Betroffene ernst! Das gilt vor allem für die Polizei, Justiz und Behörden. Denn die Betroffenen wissen oft am besten wie gefährlich die Situation ist.
- Stärkung und Verbesserung der Gesetze, dass die gewaltbetroffenen Frauen und Kinder auch wirklich geschützt sind. Das heißt zB. dass Regelungen des Umgangsrechts nicht den Gewaltschutz behindern dürfen.
- Täter müssen in Verantwortung genommen werden!
Wenn ihr uns eine nehmt, antworten wir alle!
Ni una menos!
Danke!